Revolution im Iran: Interview mit Mojtaba

In unserer Interviewreihe zur aktuellen Situation der Revolution im Iran erzählt uns Mojtaba* über sein politisches Engagement für den Iran in Thüringen.

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Moji auf einer Kundgebung in Erfurt

Wer bist du und was verbindet dich mit dem Iran?

Ich bin Moji und komme aus dem Iran. Ich bin Teil der iranische Community, die seit Beginn der Proteste im Iran sehr aktiv war und verschiedene Demonstrationen und Veranstaltungen in Thüringen (vor allem in Erfurt, Jena und Weimar) organisiert und durchgeführt hat.

 

"Die Revolution wird Zeit brauchen."

 

Wie würdest du den aktuellen Stand der Revolution im Iran beschreiben?

Die aktuelle Situation im Iran ist sehr aufgeheizt, die Revolution und die Proteste dauern noch an.  Aber nachdem mehr als 5 Monate seit Beginn der Proteste vergangen sind, sind nicht alle iranischen Städte auf der gleichen Seite. Aufgrund der starken Unterdrückung und der Hinrichtung von Demonstrierenden, sowie der übermäßigen Kontrolle und Reduzierung der Internetgeschwindigkeit haben die Proteste etwas nachgelassen. Aber sie sind wie Feuer unter der Asche. Die Revolution wird Zeit brauchen.

 

Wie nimmst du die Perspektive Deutschlands auf die Geschehnisse im Iran wahr, sowohl in den Medien als auch in deinem Umfeld?

Zunächst schwiegen Deutschland und westliche Regierungen und zeigten lange keine Reaktion. Doch nach den weit verbreiteten Protesten im Iran sowie massiven Protesten und Demonstrationen in verschiedenen deutschen Städten, insbesondere der Berliner Demonstration mit 100.000 Menschen, änderte sich die Sichtweise der Bundesregierung ein wenig. Ich habe den Eindruck, dass die Protestbewegung erst dann von der Politik in Deutschland ernst genommen wurde. Aber dennoch berichten die Medien meiner Meinung nach nicht so, wie sie sollten, etwa im Vergleich zur wichtigen, um ein vielfaches umfangreicheren Medienberichterstattung über die Ukraine.

 

"Seht nicht weg, seid ihre Stimme!"

 

Was können wir jetzt tun, um die Revolution von hier aus Deutschland oder Thüringen zu unterstützen? Was würdest du dir wünschen?

Eine wichtige politische Maßnahme wäre es, die Geschäftsbeziehungen zur Islamischen Republik abzubrechen, sowohl in Thüringen als auch in Deutschland. Außerdem wünsche ich mir eine umfassendere Berichterstattung über die Proteste und Demonstrationen in Thüringen und die Anwesenheit von Politikern und verschiedenen politischen Gruppen und Parteien bei den Demonstrationen. Wir brauchen mehr Unterstützung für in Thüringen lebende, gefährdete Iraner*innen. Ebenso wichtig wäre es, die Iranischen Revolutionsgarden in die Liste der Terroristischen Vereinigungen aufzunehmen.

Verfolgt die Situation der Iranischen Revolution weiter, vergesst nicht die Menschen, die dort gegen das Regime und für ihre Freiheit kämpfen und dabei riskieren verhaftet oder ermordet zu werden! Seht nicht weg, sondern seid ihre Stimme!

Moji bei einer Soli-Veranstaltung für den Iran in Erfurt

Stehst du in Verbindung mit Personen, die sich im Iran gerade für Frauenrechte und Freiheit einsetzen?

Ich verfolge das meiste die über soziale Medien. Leider ist dies aufgrund der starken Einschränkungen des Internets und der strengen Kontrolle und Filterung der Kommunikation nicht einfach. Viele Frauenrechtlerinnen sitzen wegen der vielen Verhaftungen im Gefängnis.

 

"Ein wiederaufgebauter Iran wird auch für Frieden im Nahen Osten sorgen können."

 

Was erhoffst du dir für die Zukunft Irans und alle Iraner*innen im In- und Ausland?

Die Zukunft des Iran wird großartig sein! Als Person, die nach der islamischen Revolution geboren wurde, habe ich nur Bilder und Videos des alten Irans gesehen. Angesichts dessen bedauere ich besonders, dass ein so großes, reiches und zivilisiertes Land in diese Situation geraten konnte. Die Revolution wird für den Iran wie das Aufwachen aus einem jahrelangen Albtraum sein. Ich weiß, dass Millionen von Iraner*innen außerhalb des Iran leben, in Amerika, Australien oder Europa, und sie genießen eine sehr hohe Bildung und bekleiden sensible und wichtige Positionen in großen Unternehmen und wichtigen Universitäten der Welt. Und viele von ihnen werden in den Iran zurückkehren, um das Land wieder aufzubauen. Viele Menschen um mich herum und meine Freund*innen in Thüringen warten auf diesen Moment, um entweder dauerhaft ins Land zurückzukehren oder ihre Lieben, die dort leben, zu besuchen. Ein wiederaufgebauter Iran wird auch für Frieden im Nahen Osten sorgen können.

 

*Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt

 

Das Gespräch führten Marius Dörner und Isabella Gee im Januar 2023 schriftlich für die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen.