Das große Schweigen und seine Folgen - Veranstaltungsreihe

 

(Ver)Schweigen ist Teil unserer Geschichte und Kultur. Bis heute ist immer wieder die Forderung nach einem "Schlussstrich" zu hören, wenn die nationalsozialistischen Verbrechen thematisiert werden. Andererseits: Je länger der Zweite Weltkrieg zurückliegt, umso mehr beschäftigt er die Deutschen. Nicht wenigen Angehörigen der Kriegskindergeneration wird erst im Alter bewusst, in welchem Ausmaß der Krieg, die Vertreibung und die Massenverbrechen im deutschen Namen in ihrem Leben Spuren hinterlassen hat.
Welche Dimension hatte das Schweigen nach dem Zweiten Weltkrieg und was bedeutete dies für die (ost)deutsche Nachkriegsgesellschaft? Die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen, die Stiftung Ettersberg und der Erinnerungsort „Topf & Söhne“ gingen  diesen Fragen in der Veranstaltungsreihe nach. 

Erst während der Friedlichen Revolution 1989 fanden viele Menschen ihre Stimme wieder. In den Kirchen, auf Demonstrationen und während der „Stadthallengespräche“ wurde miteinander gesprochen. Danach setzte oft wieder eine Zeit des Schweigens ein: Eltern, die über ihr Leben in der DDR schwiegen, Kinder, die das Nachfragen scheuten. Sprachlos betrachten sie gemeinsam die Auswirkungen in der wiedervereinigten deutschen Gesellschaft. 

Die Veranstaltungsreihe im Überblick

1945: Das Schweigen nach dem Krieg - Referentin: Sabine Bode 

In ihren Büchern (Nachkriegskinder, Kriegsenkel, Die vergessene Generation) beschäftigt sich die Journalistin Sabine Bode ausführlich und tiefgründig mit den Auswirkungen des Schweigens in der deutschen Nachkriegsgesellschaft. In der Eröffnungsveranstaltung wurde grundlegend über das Schweigen und Vergessen in der deutschen Gesellschaften nachgedacht. Folgende Fragen wurden darin aufgeworfen: Welche Last verbirgt sich hinter dem Schweigen? Wann ist Reden und sich Erinnern besser? Gerade die Geschichte nach 1945 zeigt immer wieder, dass der Diskurs um ein mehr an Erinnerung ein schwieriger und beständiger ist. Aber stehen Vergessen und Schweigen mit Erinnern und Sprechen überhaupt im Widerspruch?

DDR: Schweigen in der Diktatur - Referentin: Prof. Dr. Ines Geipel

Die DDR bezog ihre Legitimation u.a. aus der Abkehr vom Nationalsozialismus und der Verkündung des Antifaschismus als quasi Staatsdoktrin. Inwieweit aber wurde über die Zeit des Nationalsozialismus in der DDR tatsächlich aufgeklärt und über was durfte nicht geredet werden. Der „Double-Speak“ – das ausgewählte Sprechen – gehörte zur DDR Realität genauso dazu wie das Schweigen oder „Zwischen den Zeilen verstehen“. Diese (un)ausgesprochenen Sprechverbote waren Thema der 2. Veranstaltung.

Ableitend aus den vorangegangenen zwei Veranstaltungen war der Abschluss dem Schweigen und seinen Folgen für die Gegenwart gewidmet. Nach einem zusammenfassenden Impuls diskutierten die Gesprächspartner über die Folgen des Schweigens, seine gesellschaftlichen Implikationen und mögliche Ansätze diesem Schweigen zu entgehen. Schweigen fördert Apathie, eine lebendige Zivilgesellschaft diskutiert miteinander. Die Abschlussveranstaltung wurde von den Teilnehmenden im Podium wie im Publikum zur anregenden Debatte genutzt.

Heute: Die Folgen des Schweigens
Referent_innen: 
Prof. Dr. Alexander Thumfart (Politik- und Staatswissenschaftler an der Universität Erfurt, Impuls und Moderation)
Dr. Annette Leo (Historikerin und Publizistin, war u. a. wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte am Historischen Institut der FSU)  
Toralf Staud (Journalist und Autor, Berlin) 

 

In Kooperation mit:
Stiftung Ettersberg

Erinnerungsort "Topf & Söhne" :Die Ofenbauer von Auschwitz