Der Geist von Rio - 20 Jahre später

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Quelle: Eigenes Foto

Als sich im Juni 1992 zahlreiche Staats- und Regierungschefs, Diplomat/innen und NGO-Vertreter/innen in Rio de Janeiro trafen, um eine Strategie für eine bessere Welt zu entwerfen, war die Euphorie groß. Allein die aus- und eindrucksvolle Bezeichnung der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) als Erdgipfel unterstrich die Ambitionen und Erwartungen, die mit diesem historischen Ereignis in Verbindung gebracht wurden. Die großen Probleme der Welt sollten miteinander verknüpft gelöst werden: Armutsbekämpfung mit Umweltschutz, wirtschaftliches Wachstum mit Ressourcenschutz, Ökonomie mit Ökologie. „Nachhaltige Entwicklung“ wurde zum Begriff mit Bedeutung und von nun an vor allem mit zwei Dokumenten assoziiert: der Agenda 21 und der Rio-Deklaration. Infolge des weltweiten Hypes wurden tausende Lokale Agenda 21-Initiativen verteilt über den ganzen Globus gegründet, die den Geist von Rio und das neue Handlungsprogramm auf eine lokale Ebene herunterbrechen sollten. Auch in  Thüringen entstanden entsprechende Initiativen. „Global denken – lokal handeln!“ war das Motto, dem sich der Umwelt- und Nachhaltigkeitsaktivismus von nun an verschrieb. Aller Euphorie zum Trotz konnte der Weltgipfel in Rio mit lediglich zwei völkerrechtsverbindlichen Abkommen aufwarten: Einer Klimarahmenkonvention – anfangs ohne konkrete Emissionsziele – sowie einer Konvention über biologische Vielfalt.

Fünf Jahre nach Rio erfolgte die erste Inventur in New York, anschließend 2002 der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg. In der Zwischenzeit wurden das Kyoto-Protokoll ratifiziert und die Millennium-Entwicklungsziele verabschiedet. Doch parallel traten neue negative Tendenzen für Klima und Dritte Welt an die Oberfläche. Während in New York die Erkenntnis überwog, dass sich der generelle Trend im Bereich der nachhaltigen Entwicklung seit Rio nicht verbessert, sondern gar verschlechtert hat, wurde in Johannesburg ein Umsetzungsplan erarbeitet, der z.T. die konkreten Anliegen der Millenniumsziele übernahm.

Am 20.-22. Juni 2012 kehren politische Entscheidungsträger/innen und NGO-Vertreter/innen nach Rio de Janeiro zurück. Es gilt, eine Bilanz aus 20 Jahren guter Vorsätze zu ziehen, bisherige Lücken in der Umsetzung der gesteckten Ziele zu identifizieren, das Fortbestehen des politischen Einsatzes zu garantieren und neue Herausforderungen anzusprechen. Die beiden Schwerpunkte der UN-Konferenz für Nachhaltige Entwicklung (Rio+20) bilden die grüne Wirtschaft und der institutionelle Rahmen, in dem eine solche Entwicklung realisiert werden kann. Angestrebt wird ein weiteres Dokument, das den Fahrplan für die internationale Gemeinschaft in Umwelt- und Entwicklungsfragen skizziert. Trotz richtiger Intentionen wurde schon während der Vorbereitungstreffen 2010/2011 Kritik an Rio+20 aus verschiedenen Richtungen laut. Einige Stimmen bewerten die bisherigen Bestrebungen als unzureichend, anderen missfällt die inhaltliche Schwerpunktsetzung. Vor allem Entwicklungsländer bekunden ihre Zweifel am Konzept der „green economy“ und sehen darin einen wirtschaftlichen Nachteil für ihre Länder durch neue Restriktionen sowie Handelsnachteile durch hohe westliche Umweltstandards.

Eine kritische Bilanz – sofern diese in Rio tatsächlich Platz auf der Tagesordnung findet – dürfte schwerlich positiv ausfallen. Ein Rückgang der biologischen Vielfalt konnte trotz Konvention bisher nicht aufgehalten werden, das 2-Grad-Ziel zur Rettung des Klimas erscheint weit entfernt. Ob sich die wirtschaftliche Situation der armen Bevölkerung in Entwicklungsländern entscheidend verbessert hat, ist zumindest für Afrika fraglich. Auch wenn „Nachhaltigkeit“ zum vieldiskutierten Schlagwort geworden ist, lassen die Ergebnisse der vergangenen 20 Jahren nicht den Schluss zu, dass die Industrieländer ihre stärkere Verantwortung tatsächlich wahrnehmen. In der Rio-Deklaration wurde eben diese Verantwortung noch offiziell anerkannt.

Eine Erklärung mit einigen Bilanzpunkten des bundesweiten Kongresses „Rio + 20 - Nachhaltig vor Ort! & Fünfter Netzwerk21Kongress“ Dezember 2011 in Hannover und der Heinrich-Böll-Stiftung ist hier zu finden.

Die Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen wird sich im Rahmen der Arena der Zukunft 2012 „Rio+20 – nachhaltig verändern“ in verschiedenen Veranstaltungen kritisch mit dem Thema Rio+20 auseinandersetzen.

 

Quellen und weiterführende Informationen: www.uncsd2012.org, www.earthsummit2012.org, Rat für Nachhaltige Entwicklung, Broschüre von Brot für die Welt und EED