Thailand und die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN

Ein Meilenstein in den internationalen Bemühungen für ein gemeinsames Vorgehen zur nachhaltigen Entwicklung der Welt ist die Konferenz in New York im Jahr 2015 gewesen. Dieses Gipfeltreffen der Vereinten Nationen in New York zielte darauf ab, die neuen globalen Entwicklungsziele zu verabschieden, die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs). Als Ergebnis wurden die 17 Nachhaltigkeitsziele und 169 Unterziele, die bis zum Jahr 2030 erreicht werden  sollen, formuliert und galten als die Fortführung der acht Millenniums-Entwicklungsziele, der sogenannten Millennium Development Goals (MDGs) zur nachhaltigen Entwicklung.

Die thailändischen Bemühungen, das Land nachhaltig zu entwickeln, beruhen auf den Initiativen des 2016 verstorbenen Königs Bhumibol Adulyadej, welche nach der asiatischen Wirtschaftskrise (1997-98) auf der Philosophie der selbstsuffizienten Wirtschaft basierten, die alle sozialen Ebenen in Thailand betrifft. Die Familien in Thailand lebten damals primär von der Landwirtschaft. Nahrungsmittel wurden nicht im industriellen Maßstab angebaut, sondern nur soweit, dass sie der Befriedigung der eigenen Bedürfnisse genügten. Aus dieser Lebensweise, die in seinem Grundgedanken aufgegriffen und von ihm hervorgehoben wurde, resultierten die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Landes: Eine Überproduktion von Nahrungsmitteln sollte vermieden und die Umwelt weiterhin nicht übermäßig beansprucht werden. Zudem sollte das friedliche Zusammenleben gefördert werden.

Diese Philosophie beruht auf drei entscheidenden Säulen: Genügsamkeit, Vernünftigkeit und Bereitschaft zur Bewältigung unerwarteter Änderungen und deren Folgen – d.h. einem sogenannten Immunsystem. Unter anderem sollen diese drei Begrifflichkeiten auf Basis des Wissens und der Ethik benutzt werden. Dadurch entstehen die Zusammenhänge mit den UN-nachhaltigen Entwicklungszielen bezüglich der Umwelt und der Wirtschaft.  Die Initiative bestand aus mehreren Projekten, die eingeführt wurde und heute ein Bestandteil der Thailändischen Gesellschaft ist. Die von seiner Majestät initiierten Projekte sind sehr umfangreich und können daher weiterhin als nachhaltiges Leitbild zum Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele dienen. Seine Idee einer selbstsuffizienten Wirtschaftsentwicklung galt daher als Leitbild des 9. nationalen Plans zur Wirtschafts- und Sozialentwicklung für 2002-2007 und existiert weiterhin in den folgenden nationalen Plänen. 

 Die Ausbreitung der Philosophie der selbstsuffizienten Wirtschaft hat an Dynamik gewonnen, seitdem die Thailändische Stiftung für Nachhaltige Entwicklung in Kooperation mit Außenministerium zusammenarbeitet. Dies führte zu vielfältigen Aktivitäten auf internationaler Ebene, um die Philosophie als Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in andere Länder zu exportieren. Im Rahmen der Kooperation wurden Veranstaltungen und Seminare über das thailändische nachhaltige Modell ausgerichtet und auch auf dem UNESCO-Treffen in Paris , auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (United Nations Conference on Trade and Development, UNCTAD) in Genf sowie bei der 70. Generalversammlung der Vereinigten Nationen in New York vor Repräsentanten aus 196 Mitgliedstaaten vorgestellt.

Um die Ziele der Agenda 2030 auf politischer Ebene effektiv und konsequent umzusetzen, fand nach der Vollversammlung der Vereinten Nationen ein nationales Treffen zur Einrichtung des Gremiums für die nachhaltige Entwicklung in Thailand statt. Dies setzt sich aus drei wichtigen Ausschüssen zusammen. Der erste Ausschuss ist  die zentrale Schaltstelle der Nachhaltigkeitsstrategien, welcher darauf achtet, dass die 17 Nachhaltigkeitsentwicklungsziele in allen nationalen Politikbereichen konkret zur Anwendung kommen. Zudem beaufsichtigt er die Arbeitsprozesse in allen Bereichen und optimiert folglich die allgemeingültigen Nachhaltigkeitsstrategien bzw.

Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Der zweite Ausschuss dient zur Information der Bevölkerung über die nachhaltige Entwicklung in der Gesellschaft in Bezug auf die Suffizienz-Wirtschaft-Philosophie und Stärkung des gesellschaftlichen Bewusstseins für die nachhaltige Entwicklung durch regelmäßig erscheinende Publikationen und Informationsveranstaltungen. Der dritte Ausschuss, das Nationale Statistische Amt, welches ein thailändisch Pendant zum deutschen statistischen Bundesamt ist, strebt an,  ein  Informationssystem zur Analyse der Indikatoren zu entwickeln sowie die Kapazitäten des Informationssystems auszubauen, um die Entwicklungsindikatoren systematisch zu erfassen und effizient zu analysieren sowie die Fortschritte der Entwicklung durch die Indikatoren zu verfolgen.

Die Umsetzungen der nachhaltigen Entwicklungsziele in Hinblick auf derzeitige Situation in Thailand werden ebenfalls in thailändischen Entwicklungsplänen formuliert. Dabei ist der jüngste nationale Plan zur Wirtschafts- und Sozialentwicklung (12. Plan) für den Zeitraum 2017-2022 zu betrachten,  der die kurzfristige Entwicklung des Landes skizziert. Des Weiteren gibt es einen 20-Jahre Plan, der für die langfristige Entwicklung von Thailand die Richtung vorgibt und als Leitbild der nationalen Entwicklung fungiert. Die praktischen Umsetzungen leiten sich daraus ab.

Die wichtigsten Ziele der Nachhaltigkeitspläne sind die Armutsbeseitigung, die Schaffung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung und Bildungen aller sozialen Ebenen, die Reduzierung der sozialen Ungleichheit sowie der Natur- und Ressourcenschutz. Da Thailand jedes Jahr von einer großen Menge Touristen besucht wird, kommt es dadurch zu einer starken Belastung der Natur und der Umwelt. Aufgrund dessen steht die Entwicklung  nachhaltiger Umwelt- und Tourismuskonzepten im Fokus. Wichtige Maßnahmen sind u.a. die Vermeidung von Überbeanspruchung der touristischen und natürlichen Reiseziele sowie die Förderung von den Ökologischen-Reisekonzepten.

Seit über 10 Jahren nimmt die Abteilung der Forstwirtschaft, die dem Ministerium für natürliche Ressourcen und Umwelt untersteht, die Rettung der Küstenwälder in Thailand in den Blick. Ein besonderer Beitrag dafür ist das Mangrovenpflanzungsprojekt. Mangrovenwälder haben als Küstenwälder den Vorteil, dass ihnen das salzige Meeres- und Brackwasser nichts ausmacht. In Wäldern dieser Baumart leben unzählige Meerestiere und schützen die Küstenregionen im weitesten Sinne vor Tsunamis und Sturmfluten. Wiederum wurden sie in den vergangenen Jahrzehnten großflächig gerodet, so dass der Lebensraum für Tiere und der natürliche Schutz vor den genannten Katastrophen zerstört wurden.

Aus diesen Gründen wurde das Aufforstungsprojekt der Mangrovenwälder ins Leben gerufen, welches von Tourismusbetrieben, staatlichen und privaten Organisationen, unter anderem die internationale Organisation WWF (World Wide Fund For Nature) in Thailand, aktiv gefördert wird. Neben der Mangrovenpflanzung entstehen daraus neue Möglichkeiten, die Lebensweise der Küstenbewohner hautnah  von Touristen zu erleben und die Natur zu genießen bzw. bei ihnen unterzukommen, sogenanntes Home-Stay. Dadurch kann das Verständnis der Bevölkerung gewinnbringend und nachhaltig wachsen, wie wichtig die Mangroven für den Küstenschutz sind.

Der Erfolg der nachhaltigen Entwicklung von Thailand lässt sich im SDG-Index der Vereinten Nationen ablesen. Dieser gibt den „Entwicklungsstand“ von 149 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen in Sachen nachhaltiger Entwicklung wieder. Thailand (Platz 61) nimmt nach Singapur (Platz 19) den zweiten Platz aller sogenannten südostasiatischen Schwellen- und Entwicklungsländer ein. Dieses Ranking basiert auf der Agenda 2030 und den darin enthaltenen 17 nachhaltigen Entwicklungszielen.

Die Herausforderungen zum Erreichen der Entwicklungsziele, an denen Thailand noch weiter arbeiten muss, sind die Zusammenarbeit aus allen Bereichen der Gesellschaft und die Priorisierung der Ziele. Überdies ist die Erstellung der landeseigenen Indikatoren wichtig, um die Potenziale besser zu erkennen und zu nutzen sowie auf geeigneten Konzepten zu entwickeln. Trotz der universellen Indikatoren können in vielen Ländern die spezifischen Indikatoren anders formuliert sein. Zur Verwirklichung der nachhaltigen Entwicklung bedarf es hauptsächlich auch der politischen Stabilität und der Solidarität in Thailand, damit die Kontinuität der Umsetzung jeweiliger Pläne dadurch zustande kommen kann.